Als Deutsche in den USA zur Zeit der Corona Krise

Mit dem Wassertaxi noch einmal durch die Bay von San Fracisco

Wie lange dauert es noch? Das ist die Hauptfrage für alle. Jeder geht jedem aus dem Weg. Ist es nun besser dort, in der San Francisco Bay Area, oder einfacher in Deutschland? Ich weiß nicht und es ist müßig darüber nachzudenken, weil ich ja ohnehin nicht reisen kann. Reisen, sich zwischen zwei oder drei Heimaten frei hin und her zu bewegen – das ist mein Lebensstil seit vielen Jahrzehnten. Pause damit. Wir waren im Januar bis Ende Februar in Deutschland und haben es gerade geschafft, vor dem Beginn dieser ganzen Beschränkungen nach San Francisco zu fliegen und mit dem Wassertaxi durch die Bay zu fahren.

In Kalifornien, wo ich mit meinem Mann zurzeit lebe, steht das Leben still, wie ja fast überall weltweit. Die Straßen sind wie ausgestorben. Die Mengen von Autos, die sich sonst über das Verkehrsnetz zwischen East Bay und San Francisco über die Bay Bridge wälzen, lassen sich seit Ende März fast zählen, so wenige sind es geworden. Es tut gut, diese Entschleunigung zu fühlen, besonders in den USA, wo sich ja alles nur ums Geld und ums Marketing zu drehen scheint und jede/r diesen beiden hinterherhetzt bzw. von ihnen pausenlos getrieben wird. Freilich ist die Situation prekär. Ich will sie auch nicht herunterspielen. Aber ich vermisse bei vielen Menschen hier in meinem kalifornischen Umfeld und in den USA den gesunden Menschenverstand und ein logisches Denken.

Uns geht es gut. Wir sind wirklich wohlauf, Gott sei Dank. Jeden Morgen nehmen wir schon seit einem Jahr eine Mischung aus fünf Gewürzen. Meine gute Freundin in Deutschland hat mir das Rezept verraten: Hagebuttenpulver, Kreuzkümmel, Kardamom, Kurkuma, Muskatnuss. Alles in Pulverform zu etwa gleichen Teilen vermischt. Jeden Morgen einen halben Teelöffel voll, hilft für alles, Knochen, Gewebe, Immunsystem etc. Danach einen Esslöffel Leinöl.

Rad- und Wanderweg hinter dem Haus

Wir gehen jeden Morgen raus. Hinter unserer Wohnanlage gibt es einen geteerten Weg, Teil eines größer angelegten Wegenetzes. Fahrradfahrer, Fußgänger und Jogger tummeln sich dort. Jetzt erst recht. Alle haben ja Zeit. Kürzlich habe ich einen Polizisten mit dem Motorrad dort fahren sehen. Wahrscheinlich hat er kontrolliert, wie viele Leute dort in welchem Abstand voneinander den Weg bevölkern.

Mount Diablo – bis vor kurzem noch zugänglich

Vorgestern waren wir wandern. Der große, weiträumige Mount Diablo Regionalpark war gesperrt. Unvorstellbar. Das Gelände ist riesig, aber es führt nur eine enge Straße hindurch, auf der man zu den zahlreichen Wanderwegen gelangen kann. Aber es gibt auch Grill und Campingplätze dort, natürlich geschlossen. Wahrscheinlich befürchtet man, dass sich die Menschen dort unkontrolliert versammeln könnten. Also haben wir uns zu einer anderen Stelle aufgemacht. Auch dort haben wir einen Polizisten im Auto gesehen. Er hat sicher beobachtet, wie viele Fahrzeuge da rein und raus gefahren sind.

Alles in allem ist die Situation bedrückend, weil auch zusätzlich die Menschen sich gegenseitig fast als Feinde oder als bedrohlich empfinden nach dem Motto: „Komm mir ja nicht zu nahe.“ Sie reagieren manchmal sogar panisch, wie der Kontrolleur am oben besagten Park. Zehn Meter etwa waren wir von dem Eingangstor entfernt und kurbeln das Fenster runter. Da schreit er uns schon an: „Zurück, zurück, geschlossen.“ Als ich dann noch aussteige, weil ich das Schild am Eingang lesen möchte, wird er fast vollends hysterisch. Dabei bin ich doch immer noch fünf Meter weit entfernt. Das finde ich schlimm.

Was die Hygiene angeht – man traut sich ja fast nicht mehr etwas anzufassen. Es wird empfohlen die die Einkäufe zu Hause gleich abzuwaschen, dann den Türgriff, eben alles, was man mit den Händen außerhalb des Hauses berührt hat. Vielleicht ist das in den USA noch schlimmer, weil die Menschen hier ja ohnehin alle etwas neurotisch sind was Keime und Bakterien etc. angeht. Die Milch darf noch nicht einmal während des Frühstücks auf dem Tisch stehen bleiben, weil sie ja schlecht werden könnte in der kurzen Zeit. Also zwischen jedem Kaffee einschenken wieder zurück in den Kühlschrank.

Für mich hat sich das alltägliche Leben nicht sehr verändert, weil ich ja ohnehin häufig am Computer sitze und schreibe. Zwei Bücher habe zurzeit in Arbeit. Das eine handelt von den USA, warum ich hier bin, wie mein persönliches Schicksal mich von Osteuropa in den Westen der USA gewirbelt hat. Das andere wird ein neues Reiselesebuch. Mal sehen, wann Reisen wieder normal wird. Aber konzentrieren konnte ich mich fast nicht den ganzen vergangenen Monat.

Ja, auch wir haben mehr als üblich eingekauft, darunter auch Toilettenpapier und Küchentücher. Die Regale in den Großmärkten sind bei diesen Artikeln leer. Natürlich ist in den USA alles von Haus aus viel größer als in Deutschland und man ist gewohnt, große Mengen einzukaufen. Es gibt gar keine kleinen Packungen. In einem Großmarkt mit US-weiter Verbreitung sind Pakete mit achtundvierzig Rollen Toilettenpapier die Regel. Kürzlich wurde der Verkauf auf zwei solcher Pakete beschränkt, also nur sechsundneunzig Rollen.

Für den Sommer haben wir schon Tickets nach Deutschland. Aber die Verwirklichung dieser Pläne steht ja jetzt erst mal in den Sternen. Wir müssen abwarten und alles auf uns zukommen lassen.

Gartenarbeit erdet

Derweil arbeiten wir in zwei Gärten. Einer ist unser kleiner Schrebergarten, wo wir Tomaten, Paprika, Kräuter und ein paar Blumen anpflanzen. Ich habe sogar erstmals Spargelsamen gekauft und will das Experiment wagen, weißen Spargel anzubauen. Den gibt es nicht in den USA. Ich habe jedenfalls noch keinen gesehen, nur den grünen.
Der zweite Garten befindet sich in unserer Wohnanlage (721 Haushalte in 16 Gebäuden, Park und Pool etc.). Der Pool ist geschlossen, das Clubhaus, die Tennisplätze, das nette Patio zum Verweilen ebenfalls. Nun ist nur noch der Garten offen. Das größere Stück Land in dem parkähnlichen Gelände haben wir vor einem Jahr angefangen zu kultivieren und von tief verwurzeltem Efeu zu befreien. Der Garten ist fast fertig. Jetzt wachsen Blumen und Kräuter darin. Es war sehr viel Arbeit. Mittlerweile fragen die Nachbarn an, ob wir nicht Gemüse anpflanzen könnten, damit wir uns im Notfall alle selbst versorgen könnten. Einige Tomaten- und Paprikasamen habe ich schon in kleine Töpfe gesteckt. Aber wir wünschen und hoffen, dass alles zu einem guten Ende kommt und wir im Sommer nach Deutschland fliegen können, auch in die Ukraine, an der mein Herz hängt, und nach Armenien.

Ich versuche das Leben für mich und meine Umgebung so lebens- und liebenswert wie möglich zu gestalten. Abstand ja, aber freundlich. Gute Worte kann man auch von zwei Metern Abstand aussprechen.
Die Konzentration auf Knöpfe und Bässe lässt keinen Raum für GedankenUnd vielleicht stelle ich mich sogar mit Querflöte ins Gelände und spiele einfach etwas Schönes, oder ich nehme meinen im ukrainischen Lwiw/Lemberg erworbenen Bajan und spiele vom Balkon aus einige Melodien …